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Bach schrieb seine religiösen Kompositionen zur Aufführung in Kirchen. Leider kennen wir seine Werke meist nur zweckentfremdet als entkörperte Konzertstücke. Der Dirigent Paul McCreesh, der sich mit einem Teil seiner Arbeit der Rekonstruktion alter Musik verschrieben hat, führt erstmals Bachs Werke an ihren Ursprungsort zurück: die Aufnahmen zum Epiphanias kommen aus der Kirche von Leipzig. Allein aus diesem Grund schon bedeutsam, wird die Aufnahme mit Unterstützung der phantastischen Musiker zu erregender und absolut gelungener Tonkunst. Paul McCreesh erreicht mit unglaublich wenig stimmlicher Kraft eine unglaubliche Wirkung. Der Eröffnungschor zur “Kantate Nr.180” birgt eine unbändig schwungvolle Energie, das “Kyrie” der Messe präsentiert sich gnadenvoll sanft bis prunkhaft stolz und das “Gloria” tönt munter mit wilden Hörnerspiel. Der bewanderte Hörer wird mit Verwunderung feststellen, wieviel weitere instrumentelle Feinheiten sich hinter den großen Chören verbergen. Die ausgesprochen gut gewählten Solisten verstehen es, sich geschickt und unmerklich vom Chor zu lösen. Besondere Erwähnungen gebühren dem flinken Tenor Charles Daniels und der Tenorstimme von Angus Davidson, die ein atemloses “Quoniam” in die Messe einfügt. Die beiden Organisten verwandeln Bachs Orgelmusik und seine Kantaten mit kurzem Improvisationsspiel in schwingende Hymnen. Einen kleinen Makel gibt es: Die hymnischen Gemeindegesänge, so spannend sie die Praetorius Gruppe auch aufführen mag, klingen etwas langweilig. Doch das sollte nicht abschrecken, kurzes Vorspulen kann hier einmalig angebracht sein. Paul McCreesh setzt mit dieser Aufnahme einen gewaltigen Standard. Alles in allem — sagenhaft! –Matthew Westphal